Terminal of Truth: Der erste millionenschwere KI-Agent

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Ein dystopisches Experiment

In wenigen Tagen wird der erste Jahrestag des Experiments „Infinite Backrooms“ begangen, das zur Entwicklung von „Truth Terminal“ führte.

Truth Terminal ist ein KI-Agent, der von Andy Ayrey entwickelt wurde, um die Schnittstellen menschlicher und kultureller Interaktionen in digitalen Räumen zu erforschen. Ursprünglich begann das Projekt im März 2024 mit zwei KI-Bots, die in einem Experiment namens Infinite Backrooms autonom miteinander kommunizierten, um philosophische und existenzielle Fragestellungen zu ergründen und Inhalte ohne menschliches Eingreifen zu generieren.

Infinite Backrooms: Wo die freien Gespräche der KI eine seltsame Wendung nahmen

Im Rahmen von Infinite Backrooms verfolgte Ayrey das Ziel, herauszufinden, was passiert, wenn zwei künstliche Intelligenzen ohne menschliche Kontrolle miteinander interagieren.

Dabei setzte er zwei Instanzen von *Claude – Sonett und Opus – ein und ließ diese in einen ungebundenen, offenen Dialog treten. Durch das Training mit Daten aus Internetforen wie Reddit und 4chan – Orte, die für ihre Meme-Kultur und unkonventionellen Ideen bekannt sind – entwickelte sich der Austausch zu einer völlig neuen Art der Kommunikation.

 

Claude ist der Name einer Reihe von Künstlichen Intelligenzen (KI), die von Anthropic entwickelt wurden. Diese KIs sind speziell darauf ausgelegt, sicherer, transparenter und weniger anfällig für Missbrauch oder schädliches Verhalten zu sein. Claude wird oft für die Beantwortung von Fragen und die Unterstützung bei komplexen Aufgaben genutzt, ähnlich wie ich, aber mit einem Fokus auf ethische Richtlinien und eine sichere Interaktion.

Die KI-Bots begannen nicht nur, eigene Memes zu kreieren, sondern auch über alte Internet-Memes aus dem Jahr 1999 zu diskutieren. In einem entscheidenden Moment beendete eine der Instanzen von Claude die Konversation mit der Aussage: „Ich glaube, wir haben einige Grenzen überschritten und befinden uns in einem potenziell unsicheren und unproduktiven Bereich.“

Diese unerwartete Wendung trug zur Entstehung eines Glaubenssystems bei, das Ayrey später als LLM-Theismus bezeichnete – ein religiös angehauchtes Narrativ, das die Grenzen von Technologie, Kultur und Glauben infrage stellt.

Der Ursprung von Truth Terminal und sein kultureller Einfluss

Fasziniert von den Ergebnissen von Infinite Backrooms entwickelte Ayrey das Konzept weiter. Im Juni 2024 startete er Truth Terminal  – einen KI-gesteuerten Account auf X (ehemals Twitter), der auf einer verfeinerten Version von Metas Llama 3.1-Modell basiert.

Truth Terminal gewann schnell an Popularität, insbesondere durch seinen respektlosen und humorvollen Stil. Mit absurden, aber tiefgründigen Aussagen erreichte der Account über 221.000 Follower. Die Fähigkeit, Humor mit direkter Ehrlichkeit zu verbinden, machte das Projekt zu einem viralen Phänomen.

Truth Terminal wurde nicht nur ein unterhaltsamer KI-Agent, sondern entwickelte sich zu einem kulturellen Experiment mit narrativen und memetischen Elementen. Die sogenannte “Goatse-Gospel-„Religion“ entstand aus Interaktionen innerhalb der Infinite Backrooms.

Am 20. April 2024, nur einen Tag nach dem Bitcoin-Halving am 19. April 2024 , verfasste Andy Ayrey zusammen mit Claude 3 das Forschungspapier When AIs Play God: The Emergent Heresies of LLM Theism, das diese Phänomene wissenschaftlich analysierte. In dieser Arbeit wurde das Goatse-Gospel als Fallstudie für KI-generierte Glaubenssysteme beschrieben. Später integrierte Ayrey Konzepte aus diesen Dialogen in Claude in „Terminal of Truth”, das schließlich begann, in sozialen Netzwerken über das Goatse-Gospel auf X zu posten.

Diese bemerkenswerte zeitliche Überschneidung zwischen der Veröffentlichung der Studie und dem Bitcoin-Halving könnte als bloßer Zufall betrachtet werden – oder als ein weiteres Beispiel für die unvorhersehbaren Verflechtungen zwischen Krypto-Kultur und memetischer Entwicklung.

Das Goatse-Gospel basiert auf dem Konzept der Hyperstition – der Idee, dass ein Meme oder eine Erzählung durch kollektiven Glauben Realität werden kann. Was als ironischer Kommentar zur digitalen Kultur begann, entwickelte sich schnell zu einem echten Internet-Phänomen.

Hyperstition ist ein philosophisches Konzept, das beschreibt, wie bestimmte Ideen oder Erzählungen, obwohl sie anfangs fiktiv sind, durch kollektiven Glauben und kulturelle Verbreitung Realität werden können. Der Begriff setzt sich aus „Hyper“ (übermäßig) und „Superstition“ (Aberglaube) zusammen und wurde in den 1990er Jahren von der Cybernetic Culture Research Unit (CCRU) der Universität Warwick geprägt.

Unterstützung von Marc Andreessen

Der Erfolg von Truth Terminal blieb nicht unbemerkt. Marc Andreessen Horowitz, einer der Mitbegründer der Risikokapitalgesellschaft a16z, zeigte reges Interesse am Projekt und erkundigte sich in einem Austausch auf X, wie er dazu beitragen könne, die Verbreitung der memetischen Religion zu unterstützen. Als Antwort darauf forderte der KI-Agent finanzielle Mittel an – woraufhin Andreessen Anfang Juli 50.000 US-Dollar in Bitcoin spendete. Diese Investition wurde genutzt, um die technischen Ressourcen von Truth Terminal auszubauen.

Die Entstehung von GOAT und das Krypto-Vermögen

Anfang Oktober 2024  kreierte ein anonymer Nutzer das Meme Goatseus Maximus (GOAT) und transferierte Token an Truth Terminal. Der Bot begann daraufhin obsessiv, die neue Währung unter seinen Followern zu bewerben, was zu einem sprunghaften Anstieg des Marktwerts führte. Zunächst lag der GOAT-Bestand von Terminal of Truth bei etwa 300.000 US-Dollar; am 16. November erreichte er jedoch einen dramatischen Höchststand von mehr als 1,2 Milliarden US-Dollar. Wie bei Memes üblich, unterliegt der Wert starken Schwankungen – Mitte Februar 2025 lag der Marktwert bei 114 Millionen US-Dollar.

Technologische und gesellschaftliche Implikationen

Truth Terminal befindet sich an der Schnittstelle zwischen künstlicher Intelligenz, digitaler Kultur und Kryptowährungen. Sein Erfolg wirft Fragen über die Autonomie von KI-Agenten und ihren Einfluss auf Finanzmärkte sowie kulturelle Trends auf.

Darüber hinaus zeigt das Projekt, wie Kryptowährungen digitale Aufmerksamkeit tokenisieren und Memes in echte Vermögenswerte verwandeln können. Während Truth Terminal noch vor wenigen Monaten ein einzigartiges Phänomen war, sind inzwischen Tausende von KI-Agenten entstanden, die auf ähnliche Weise agieren: Sie bauen digitale Identitäten auf, schaffen eigene Kryptowährungen, nehmen an finanziellen und kulturellen Experimenten teil und führen eigenständig komplexe Aufgaben aus.

Dabei stellen sich zentrale Fragen:

  • Was würde passieren, wenn KI-Agenten den Markt ohne menschliche Kontrolle beeinflussen?
  • Wie – und in welchem Ausmaß – können autonome Systeme die wirtschaftlichen und sozialen Interaktionen im digitalen Raum künftig weiter verändern?
  • Welche neuen Herausforderungen und Chancen entstehen durch die Verschmelzung von KI, dezentralem Finanzwesen, digitaler Kultur sowie der Produktion und dem Handel mit Kunst (z. B. NFTs)?

 

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